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NICHT RICHTEN, SONDERN RETTEN

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„Aufblicken zum Kreuz! Mehrmals habe ich es bei Sterbenden erlebt, dass sie zum Kreuz Jesu hinaufgeschaut haben und darin Frieden gefunden haben. Das Kreuz ist Zeichen der Rettung, nicht des Gerichts. Das gilt im Leben wie im Sterben“, schreibt Kardinal Christoph Schönborn.

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 11. März 2018 (Joh 3,14-21)

Für mich ist dieses Wort Jesu wie ein Schlüssel zu seinem Herzen. Es sagt, worum es Jesus wirklich gegangen ist. Und es zeigt den Weg, den er gegangen ist. Es ist ein Kernsatz des Evangeliums, eine Einladung, diesem Wort zu vertrauen und daraus zu leben. In einem langen nächtlichen Gespräch hat Jesus dem jüdischen Ratsherrn Nikodemus anvertraut, worum es ihm geht, worauf es ankommt:

„So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“

 

Nicht richten, sondern retten! Das ist Jesu Absicht, das ist Gottes Plan. Und dem entspricht, was Jesus selber gesagt hat: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Es wird so viel geurteilt, gerichtet, verurteilt. Menschen werden ausgerichtet. Wir lassen so oft kein gutes Haar am anderen. Wir sehen die Fehler der anderen mit unerbittlicher Schärfe und sind oft blind für die eigenen Fehler.

 

Aber wurde uns nicht Gott vor allem als Richter dargestellt? Als ein strenger Buchhalter, der ganz genau jeden unserer Fehler registriert, sie für immer in seinem unfehlbaren Gedächtnis aufbewahrt, um sie uns dann im Gericht genau aufzuzählen und vorzuhalten? Doch genau diese immer noch verbreitete Vorstellung vom Richter-Gott will Jesus zurechtrücken. Und er gebraucht dafür ein Bild, das allen gläubigen Juden damals vertraut war: die Geschichte von der metallenen Schlange in der Wüste.

 

Als das Volk auf seiner Wüstenwanderung gegen Gott murrte und aufbegehrte, kamen giftige Schlangen, von deren Bissen viele starben. Daraufhin ließ Mose eine kupferne Schlange anfertigen und an einer hohen Stange befestigen. Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde, musste er nur zur kupfernen Schlange hinaufschauen und blieb am Leben.

 

So fremd ist uns dieses Symbol auch heute nicht. Es findet sich als Zeichen der Ärzte und Apotheker wieder. Auch wenn der Äskulapstab aus der griechischen Mythologie stammt, so hat er doch dieselbe Bedeutung wie der Schlangenstab des Mose: Er ist Symbol der Heilung und der Rettung. Die Wiener Rettung hat ihn sogar in ihrem Wappen. Das ist ja wirklich ihr Beruf: Menschenleben zu retten!

 

Jesus hat also das Zeichen des Schlangenstabes des Mose auf sich selber angewandt: „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.“ In verhüllten Worten spricht Jesus hier von seinem bevorstehenden Tod am Kreuz. Auch er wird, wie die metallene Schlange, angenagelt und am Kreuz „erhöht“ werden, sodass ihn alle sehen und zu ihm aufblicken können.

 

Aufblicken zum Kreuz! Mehrmals habe ich es bei Sterbenden erlebt, dass sie zum Kreuz Jesu hinaufgeschaut haben und darin Frieden gefunden haben. Das Kreuz ist Zeichen der Rettung, nicht des Gerichts. Das gilt im Leben wie im Sterben. „So sehr hat Gott die Welt geliebt…“ Das Kreuz ist das Zeichen eines Gottes, der uns Menschen nicht richten, sondern retten will. Es ist ja kein Zufall, dass die Wagen der Berufsrettung Wien unter diesem Zeichen unterwegs sind.

erstellt von: Kardinal Christoph Schönborn

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